Türkisch-islamische Synthese
Die sogenannte „Türkisch-Islamische Synthese“ bezeichnet die Entwicklung, durch welche die zunächst eher anti-religiöse Haltung der MHP einer Ideologie wich, in der der Islam mit dem türkischen Nationalismus verbunden wird. Das Konzept entstand in den 1970er Jahren in der Türkei im Umkreis des Aydınlar Ocağı („Heim für Intellektuelle“), einem Zusammenschluss rechter Wissenschaftler, Publizisten und Unternehmer. Kerngedanke der Synthese ist, dass die türkisch-nationalen und die Islamischen Elemente der türkischen Geschichte untrennbar miteinander verbunden sind. Hierdurch wird eine neue türkische Identität aufgebaut, welche Kerngedanken des Rechtspopulismus, des Nationalismus und des Islamismus in sich trägt und folglich politischen Rückhalt in nahezu allen konservativ-nationalistisch und islamistisch orientierten Bewegungen, vom rechtsextremen Lager bis hin zu national-konservativen sowie islamistischen Parteien findet. Die Tatsache, dass sich durch diese zunehmende Fokussierung auf die islamische Religion eine weitaus breitere Rekrutierungsgruppe für die nationalistischen Ideologie erschließen ließ, wird in einem nicht unerheblichen Maße dazu beigetragen haben, dass sich die „Türkisch-Islamische-Synthese“ zu einem Kernideologem des türkischen Ultranationalismus entwickelte.
Das Konzept zeigte erhebliche Auswirkungen auf die türkische Parteien- und Vereinslandschaft. So kam es etwa zu Beginn der 1990er Jahre zur Abspaltung der BBP von der rechtsextremen MHP, da diese einen stärker islamisch-ausgerichteten Kurs verfolgte. Auch in Deutschland kam es in diesem Zuge zu Veränderungen, etwa löste sich die Organisation ATİB vom Dachverband Türk Federasyon zugunsten einer religionsbetonteren Auslegung.